Okkulte Permakultur? – Die Befreiung von Garten und Gärtner aus der suburbanen Reihenhausmonotonie „The story about the digging of the hole and the harvesting of the fruits from hell“

Verlabelte Bienenfreundlichkeit, der Abschwur von Pestiziden und wohlwollend plastiniertes Biogemüse geben uns ein Gefühl der Sicherheit. Wir befinden uns auf dem richtigen Weg – wird schon alles gut werden. Spätestens hinterm heimischen Gartenzaun regiert jedoch wieder das Denken „Allein können wir die Welt auch nicht retten…“. Die Unkrautspritze wird eifrig zur Wiederherstellung der preußischen Ordnung ins Feld geführt. In der Ferne summen einzig und allein die Rasenmäher um die letzten, von der Trockenheit verschonten, Grashalme auf 0,8 Zentimeter Länge zu trimmen. Die Vielfalt in den Gärten der ehemaligen Chemiearbeitersiedlung lässt sich mit wenigen Worten zusammenfassen: Flieder, Forsythie, Tuja, Kirschlorbeer, …, kleiner Gartenteich oder wahlweise Swimming Pool, Ligusterhecke. Vereinzelt zeigt sich ein Obstgehölz oder Gemüsebeet. Der Exzentriker leistet sich eine Blumenrabatte, die jedes Jahr aufs Neue mit bunten Blühern aus der Angebotsauslage der hiesigen Discounter bestückt wird. Wer behauptet, dass man seinem Nachbarn mit einem Black Metal Mixtape den letzten Zahn ziehen kann, hat noch nicht das Unkrautjäten und Rasenmähen vollkommen eingestellt…
“All things are connected”
Genug der Ironie. Spätestens durch die wiederkehrenden Hitze- und Dürresommer der letzten Jahre und die beinahe täglich neu geführte Klimadebatte, gewinnen die Ideen der Permakultur immer weiter an medialer und gesellschaftlicher Beachtung. Meine ersten Berührungspunkte mit diesem Konzept waren eher unbewusster Natur. Unregelmäßiges Entfernen von sogenannten Unkräutern, die schrittweise Erweiterung und Effektivierung der Kompostkapazität, der Bau eines Wachtelgeheges, das Etablieren eines Kräuterbeetes und die Bereicherung des ehemaligen „Ziergartens“ durch Nutzpflanzen. Die, sich seit einiger Zeit verstärkte, Fokussierung auf die Themen Spiritualität und Schamanismus und die daraus resultierende Selbstreflexion führten darüber hinaus zu einer schonungslosen Auseinandersetzung mit dem eigenen Umfeld und der Analyse der persönlichen Möglichkeiten. Sofern die Bewirtschaftung einer kleinen Landfläche möglich ist, liegen die Vorzüge klar auf der Hand. Sei es das Anpflanzen diverser Kräuter- und Räucherpflanzen, das Schaffen eines Rückzugsortes oder noch besser, eines Kraftortes oder einfach die Stärkung der Verbindung zur Natur. Wie sagte es bereits Noah Seattle, reduziert auf seinen Hauptgedanken: „All things are connected“.
You must teach your children that the ground beneath their feet is the ashes of our grandfathers. So that they will respect the land, tell your children that the earth is rich with the lives of our kin. Teach your children what we have taught our children, that the earth is our mother. Whatever befalls the earth, befalls the sons of the earth. If men spit upon the ground, they spit upon themselves. This we know. The earth does not belong to man, man belongs to the earth. This we know. All things are connected like blood which unites one family. All things are connected. […] Man did not weave the web of life, he is merely a strand in it. Whatever he does to the web, he does to himself. [R. Kaiser, Die Erde ist uns heilig (Freiburg 1992) 150
Doch was ist Permakultur eigentlich? Das bereits in den 1970er Jahren von Bill Mollison und David Holmgren entwickelte Konzept trägt Ideen und Lösungen für eine dauerhafte und nachhaltige Landwirtschaft – „permanent agriculture“ – zusammen. Vor allem innerhalb des letzten Jahrzehntes wurden diese Ansätze verstärkt auch auf den „Hausgebrauch“ übertragen und sollen somit zu einer vermehrten Selbstversorgung und reflektierterem Lebensmittelkonsum führen. Grundsätzlich stehen das Beobachten und Nachahmen natürlicher Prozesse im Vordergrund. Um diese natürlichen Mechanismen im eigenen Garten zu etablieren, benötigen wir jedoch einige Zeit – Freud und Leid werden dabei unser steter Begleiter sein. Dazu kommt, dass jeder Eingriff in die Gartenstruktur zu einer Veränderung des Mikroklimas führen wird. Weshalb es sinnvoll erscheint sich mit einem Gesamtplan auseinanderzusetzen, der die aktuellen Bedingungen, die angedachten Umgestaltungen und die möglichen Auswirkungen gleichermaßen erfasst. In welchem Maße die durch die Permakultur vorgeschlagene „Zonierung“ des Gartens umsetzbar ist, hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab.

“Großmütterchens Garten wird sich verändern”
Das intendierte Resultat werden weder die dicksten Kartoffeln, noch die intensivsten Kräuter sein – diese sind jedoch ein sehr erfreulicher Nebeneffekt – sondern ein gesunder Boden. Die wahrscheinlich häufigste Assoziation mit dem Begriff Permakultur ist das Mulchen. Die großzügig verteilte Streuschicht aus zumeist organischem Material (Heu, Stroh, Holzhäcksel, angetrockneter Grasschnitt,…) dient hierbei in erster Linie der Erhaltung oder auch Wiederherstellung der biologischen Abläufe in unserem Boden. Die Aktivierung der Bodenorganismen hat zur Folge, dass der wohl sensibelste Bereich unseres Lebensraumes gesunden kann. Am Ende soll ein naturnaher Raum entstehen, der auch noch unsere Urenkel mit seinen Früchten beschenken wird.
Der Entschluss ist gefasst – Großmütterchens Garten wird sich verändern. Weg von einer klar strukturierten, altersgerechten und gutbürgerlichen Präsentationsfläche, hin zu einem naturnahen Kleinod, das Geben und Nehmen, aber möglicherweise auch verstören wird. Dass diese Revolution ohne Opfer verlaufen würde, stand außer Frage…
:SF: