Hier gibt es keinen digitalen Einheitsklang, keine MIDI-Spuren oder sonstige anorganische Grausamkeiten.
Man kann die heutige Dungeon Synth „Gemeinschaft“ lieben, oder hassen. Seit ein paar Jahren erscheinen jedenfalls monatlich Veröffentlichungen von A‑Z, von den höchsten Zinnen alter Türme, bis zur faden Nässe gähnender Kerkersleere. Doch es gibt immer mal wieder Projekte, die frischen Wind und gewissen Charakter in die doch ziemlich angestaubten Gemäuer dieses einst so strahlenden Schlosses blasen. Sei es aus dem hohen Norden, wie Old Sorcery es uns eindrucksvoll bestätigt, dem Mittleren Westen der USA mit Fief, oder aus der südlichen Hemisphäre, genauer Ozeanien: Die Rede ist von Forest Temple´s Debüt-Beschwörung „Twilight Within The Ancient Wood“.

Uns zieht es in den Wald, näher gesagt in das Reich verlorener Königreiche, und deren jetzige Überbleibsel. Inmitten dieser moosbehangenen Ruinen werden wir Zeuge einer analogen Wiederauferstehung kaputter Synthesizer und alten Tascam-Portastudio Recordern. Hier gibt es keinen digitalen Einheitsklang, keine MIDI-Spuren oder sonstige anorganische Grausamkeiten. Sobald die ersten Tasten der Klaviatur erklingen ist man direkt in die musikalischen Gefilde von Hyrule versetzt, die Tracks erinnern stark an Soundtracks aus den Studios eines altbekannten japanischen Videospielherstellers.
Der Opener „The Trees Carry The Spirit´s Song“ stimmt uns schon mal für die folgenden sechs Tracks ein: Die Melodie wiederholt sich und baut sich langsam im Geiste alter „Hinter-Gitter“-Aufnahmen eines gewissen Barden Layer für Layer auf. Das Gerät ist leicht verstimmt, erreicht aber gerade dadurch seinen wohlig old-schooligen Leierklang. Der folgende „Grinning Forest“, oder der grinsende Wald wenn man es so haben will, trägt den auf dem Cover prominenten Rittersmann geradewegs in das Unbekannte. Entlang der sich windenden Pfade, beginnt ein langsamer, mythischer Ritt durch vergessene, regenverhangene Rollenspiel- und Tabletop-Nachmittage.
Forest Temple ist, auch wenn ich diesen Begriff in letzter Zeit immer mehr vermeide, Dungeon Synth. Sehr guter sogar.
Der Fluss verlangt Opfer! So lautet jedenfalls die Losung des nächsten Kapitels der Reise. So beginnt „The River Demands Sacrifice“ mit ruhigen, nostalgischen 8‑Bit Klängen, mündet aber in einer rhythmisch-rituellen Opfergabe zu Ehren der Ader des Waldes. „Shrines Amongst The Leaves“ bietet eine geisterhafte, melancholische Visualisierung uralter Schreine, bevor uns „Beholding The Throne Of Cernunnos“ mit dem Erscheinen des gehörnten Waldhüters in die keltische Sagenwelt entführt. Hier gelingt Lepidus Plague, dem Mann hinter Forest Temple, eine musikalische Verbeugung. Eine einsame Flöte spielt, während Cernunnos´ Ruf uns immer tiefer in den Wald zieht. Der Track „Spectres Atop The Moss-Covered Ruins“ setzt den Schlussstrich des Albums. Hier werden, begleitet von Glocken, Percussion und einem sägenden Synthesizer Sound noch einmal die Geister alter Zeiten beschworen. Eine verhallende Stimme liest die letzten Zeilen, die letzten Tasten werden angeschlagen.
Forest Temple ist, auch wenn ich diesen Begriff in letzter Zeit immer mehr vermeide, Dungeon Synth. Sehr guter sogar. Abseits der Flut von mittelmäßigen, dahinfließenden Machwerken Mortiis und Co.-Verehrender, schafft es diese kurze, aber kurzweilige, etwas über viertelstündige Keyboard-Beschwörung mit Old-School Attitüde den etwas überfütterten Hörer in seinen Bann zu ziehen. Fans der alten Zelda-Spiele, Soundtrack-Enthusiasten und Fantasy-Fans im Allgemeinen, hört, hört: Zuschlagen!