Reverie and fantasy channeled through synth. Lepidus Plague über klassische Videospielsoundtracks, keltische Götter und die Kraft der Kreativität im Gespräch mit dem Eibenreiter.

Auf dem Frontcover ist eine Illustration aus dem Film »Die 9 Pforten« zu sehen.
- Zunächst möchte ich dir ganz herzlich dafür danken, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast, denn ich habe mich auf Forest Temple‘s Debüt seit dem Zeitpunkt seiner Ankündigung wahnsinnig gefreut! Die Melodien auf „Twilight within the Ancient Wood“ üben eine beinahe meditative Wirkung auf mich aus, während das starke Songwriting deines Projektes Kommodus perfekt die kriegerischen Konflikte der Ahnen, deren Eroberungen und Niedergang widerspiegeln.
Siehst du Forest Temple und Kommodus als zwei musikalische Entitäten, die in einer Art Dualitätsverhältinis zueinander stehen? Auf der einen Seite „Krieg und Frieden“ auf der anderen Seite „Mensch und Natur“, oder anders gesagt, die mystische, lebendige Welt von „Forest Temple“ in Dualität zum Niedergang der Menschheit auf den Schlachtfeldern der Geschichte, welchen du mit deinem Projekt Kommodus thematisierst? - Diese Verbindung war nicht beabsichtigt, aber man kann das durchaus so sehen. Kommodus stellt die Summe meiner Anstrengungen und meines Ehrgeizes dar und dennoch bin ich mit Kommodus viel freier wenn es um den kreativen Entstehungsprozess geht. Bei Forest Temple hingegen versuche ich eine sehr spezielle Atmosphäre und einen sehr speziellen Sound einzufangen.
- Für mich hört es sich so an, als würde mit den ersten Tönen von „The Trees Carry the Spirit‘s Song“ eine Reise durch uralte Zeiten beginnen die den Hörer tief in die Wälder führt und die schließlich mit „Spectres atop the Moss-Covered Ruins“ sozusagen mit dem Einbruch der Nacht ihr Ende findet. Hast du für das Debüt eine Storyline oder so etwas wie ein Gesamtkonzept entwickelt?
- Als ich am Arrangement der Trackliste gearbeitet habe, stellte ich fest, dass die sechs Songs tatsächlich so etwas wie eine lineare Reise darstellen. Dieser Umstand ergab sich aber mehr aus einem glücklichen Zufall heraus und war nicht wirklich beabsichtigt. Ich habe in letzter Zeit den Eindruck, dass diese Zufälle in meiner Kunst häufig auftreten. Mein Schaffen ist durchdrungen von übergreifenden Motiven und wird von alles verbindenden Ideen durchzogen. Diesen Umstand realisiere ich aber immer erst dann, wenn ich einen Schritt zurücktrete und alle Puzzleteile vereint zu einem Ganzen sehe.
- Wenn man denn von einer Dungeon-Synth-„Szene“ sprechen kann, so ist deren Popularität, gemessen an einem interessiertem Publikum, zwischen den späten 90ger Jahren und den frühen 2000ern doch ordentlich gewachsen. Was bedeutet dir diese Form der Musik? In welcher Art und Weise spricht dich als Künstler „Dungeon Synth“ an?
- Das ist schwer zu sagen, aber ich liebe dieses Genre aus vielen Gründen. Ich denke, Dungeon Synth ist genauso effektiv wie Black Metal, wenn es darum geht konkrete Bilder im Kopf des Hörers entstehen zu lassen. Ich zeichne zB. gerne, während ich Dungeon Synth höre, mein Geist wandert während des Hörens in die von der Musik heraufbeschworenen mystischen Reiche. Zudem erinnert es mich an die Soundtracks aus den Fantasy-Videospielen meiner Jugend, wie zB. „The Legend of Zelda“. Ich bin mir sicher, dass das Genre auch direkt von diesen Soundtracks beeinflusst wurde.
Für mich fühlt sich Dungeon-Synth also sehr persönlich und nostalgisch an. Zudem ist es eine amüsante Einschränkung ausschließlich einen Synthesizer als Instrument zu benutzen.
Zudem erinnert es mich an die Soundtracks aus den Fantasy-Videospielen meiner Jugend, wie zB. „The Legend of Zelda“. Ich bin mir sicher, dass das Genre auch direkt von diesen Soundtracks beeinflusst wurde.
Lepidus Plague
- Auf deiner Bandcamp-Seite beschreibst du Forest Temple als „Fantasy und Tagtraum, kanalisiert durch Synth und das Nacherzählen von Mythologie“ Inwieweit beeinflussen Mythologie und die Welt der antiken Götter dein Leben und deine Ansichten?
- Diese Dinge bedeuteten mir gleichzeitig Alles und Nichts. Ich glaube daran, dass es wichtig ist, mir der heidnischen Mythen und Traditionen meiner Vorfahren bewusst zu sein und die Flamme meiner Herkunft und meines Erbes am Leben zu halten. Besonders in einer Zeit, in der der Vergangenheit ein schmutziges Image anhängt und die westliche Gesellschaft weiter auf Gleichschaltung und Globalisierung zusteuert. Es ist natürlich offensichtlich, dass ich kreative Inspiration aus diesen Sphären ziehe, aber es ist schlussendlich nicht so, das ich jeden Morgen zu Apoll bete.
- Ein Track ist mir gleich beim ersten Blick auf die Songlist besonders aufgefallen: „Beholding the Throne of Cernunnos“. Eine wundervolle Hymne an den gehörnten Gott der Wälder. Was hat dein Interesse an dieser Gottheit geweckt? Steckt da historisches Interesse dahinter oder vielleicht eine persönliche Verbindung?
- Cernunnos wurde im altertümlichen Gallien verehrt und später zu einem heidnischen Römisch-Gallischen Gott gemacht. Mein Interesse an Cernunnos rührt unter anderem auch daher, dass er eine Gottheit war, die von meinen Vorfahren verehrt wurde. Obgleich das ein eher oberflächlicher Grund für mein Interesse ist, liebe ich das Bild des Gottes Pan, vor allem wenn er bösartig und ominös dargestellt wird, wie in vielen Filmen und in der Literatur zu sehen ist. Auf Darstellungen die ich von Cernunnos kenne, strahlt er definitiv einiges von Pans sinistrer Energie aus. Ich vermute, dass er teilweise auch die Basis für zeitgenössische Illustrationen des Teufels abgeliefert hat.
Obgleich das ein eher oberflächlicher Grund für mein Interesse ist, liebe ich das Bild des Gottes Pan, vor allem wenn er bösartig und ominös dargestellt wird, wie in vielen Filmen und in der Literatur zu sehen ist.
Lepidus Plague
- Die allgemeine Ästhetik des Albums, korrigiere mich wenn ich hier falsch liege, scheint in einer mittelalterlichen, eventuell keltisch-europäischen Umgebung angesiedelt zu sein, wobei das Ganze in eine Rüstung aus Naturverehrung verpackt wurde. Alle Songs auf „Twilight within the Ancient Wood“ drehen sich überwiegend auf den Wald und den grünen Kosmos, der uns Menschen seit uralten Zeiten umgeben hat. Wie nimmst du persönlich Natur wahr? Liegt deinem kreativen Output eventuell eine Inspiration zugrunde, die du aus Australiens Folklore und der Landschaft schöpfst?
- Das ist eine recht präzise Beschreibung meines Demos. Die Musik war, wenn auch auf einem eher unterbewußten Level, inspiriert von Australiens Geographie und Landschaft. Je älter ich werde, desto mehr schätze ich es draußen zu sein, auf Erkundungen zu gehen und zu wandern. Allerdings denke ich nicht, dass dies etwas mit Forest Temple zu tun hat. Mein kreativer Prozess beginnt mit einem Theme oder einer Geschichte in meinem Kopf. Dann versuche ich die Musik dazu zu komponieren. Ich bin so sehr in meiner eigenen Vorstellungskraft und meinen inneren Einflüssen versunken, dass es nicht nötig ist draußen nach Inspiration zu suchen. Forest Temple‘s Musik könnte also überall entstehen.
- Kommen wir langsam zum Ende des Interviews: Deinem Instagram-Account nach zu urteilen, benutzt du überwiegend analoges Equipment zum aufnehmen deiner Songs. Warum bevorzugst du die analoge Variante? Siehst du momentan ein Revival des Tape-Tradings und eine Rückkehr des Formates Tape im allgemeinen?
- Ich nutze sowohl Digital als auch Analog für das Aufnehmen meiner Musik. Es gibt Pros und Kontras für beide Varianten, allerdings mag ich es wie sich meine Songs durch das Aufnehmen auf Tape verändern. Es entstehen Effekte wie Kleine Verzerrungen, Störimpulse, statisches Rauschen und eine Atmosphäre, die man mit Computer-Software nicht hinbekommen kann. Und, wie ich bereits erwähnte, kann Schönes entstehen, wenn man sich gewisse Limitierungen auferlegt.
Es ist eventuell ein wenig seltsam, dass ich Kassetten jedem anderen Format vorziehe. Seit meinen Teenagerjahren bin ich immer noch wie besessen, wenn ich auf einem Konzert ein Demo-Tape kaufen kann. Seit ich mit Kommodus angefangen habe, habe ich Tapes mit Menschen überall auf der Welt getauscht und fühle mich geehrt, Teil eines solchen Undergrounds zu sein. - Nochmals vielen Dank für deine Zeit! Hast du den Lesern des Interviews noch irgendetwas mitzuteilen?
- Verfolgt eure kreativen Ziele mit so viel Fokus und Beharrlichkeit wie ihr aufbringen könnt.
Schöpferisch zu sein ist heilig.