Artemisia vulgaris ist im Volksmund unter vielen Namen bekannt. Mal Balbers, mal Sonnwendgürtel, bald Mugwurz, oder Machtwurz geheißen, begleitet uns dieses bescheiden aussehende Gewächs beinahe schon die gesamte europäische Kulturgeschichte lang. Die Rede ist vom landläufig bekannten Beifuß. Dieser fand bereits in der frühen Steinzeit seine Verwendung bei schamanischen Zeremonien und anderen in die Vergessenheit gesunkenen Riten der Urstämme. In der sakralen Weihestimmung verräucherten Beifußes fand sich in der Walpurgisnacht 2017 eine Band zusammen, die es sich zum Ziel genommen hat der mächtigen Geisterpflanze ein musikalisches Denkmal zu setzen.
- Grüßt euch! Schön, dass ihr die Zeit für ein kleines Gespräch mit dem Eibenreiter erübrigen könnt.
- Aber gerne. Ein Konzept wie das des Eibenreiters ist sehr unterstützenswert.
- Euer Bandname bezieht sich ja direkt auf ein eher unscheinbares Gewächs aus der fränkischen Heimat. Könnt ihr vielleicht kurz erläutern, welche Umstände zu der Namensgebung der Band geführt haben?
- Die Namensgebung war tatsächlich einem Ereignis in der Walpurgisnacht 2017 geschuldet. Dies klingt jetzt natürlich sehr klischeebehaftet, ist aber tatsächlich so passiert. In besagter Nacht wurde im Feuerschein die Bandidee geboren und die Namensgebung ist der Tatsache zuzuschreiben, dass an diesem Abend jemand Beifuß mitgebracht hat um diesen im Feuer zu verbrennen. Dies war ja schon vor Jahrhunderten ein Brauch um Krankheiten vorzubeugen. Aber es ist gut wenn wir einem Gewächs, welches in den letzten Jahren eher ein unscheinbares Dasein gefristet hat, durch unser Wirken, zu neuer Ehre verhelfen.
- Welche Hauptinspiration liegt euren Texten zugrunde?
- Das ist durchaus vielschichtig. Zum Einen fühlen wir uns stark inspiriert von der fränkischen Sagenwelt und den Legenden, die in den Städten und Wäldern, die uns umgeben, verborgen sind. Zudem hat auch die Impression von Lovecrafts Geschichten einen Platz in unserem Gedankengut und damit auch in unseren Songs. Auch haben es teilweise schon zeitgenössische und gesellschaftliche Themen sowie die Antiphathie zu religiösen Festlichkeiten in unsere Texte geschafft. Aber ebenfalls spielen die Texte rund um den eigentlichen Balberskult eine große Rolle. Bei diesem handelt es sich um einen fiktiven Jägerkult der in Einklang mit der Natur lebt und dies über alles andere stellt und im lovercraftschen Universum angesiedelt ist.

- Eure Auftritte werden ja stets vom sogenannten »Witcher« begleitet und so manches eurer Konzerte, vor allem in kleineren Clubs, gerät ja fix zum spektakulären Gimmick-Feuerwerk. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Hexer und wie reagiert das Publikum auf eure Show?
- Der Witcher, als darstellender Künstler, bietet ja live durch seine Show einen nicht zu unterschätzenden und auch thematisch gut zu uns passenden Unterhaltungsfaktor. Denn sowohl unsere Musik als auch die Darbietungen des Witchers verkörpern zum einen die zutiefste Ernsthaftigkeit als auch den Gipfel der Ironie des Black Metal. Die Zusammenarbeit hat sich mehr oder weniger spontan durch langjährigen Kontakt und durch die Gegebenheiten gleicher Interessen und Vorstellungen ergeben. Die Reaktionen waren bis jetzt immer durchwegs positiv. Sowohl von Veranstalterseite als auch von Seiten des Publikums.
- Wird die Beschäftigung mit der heimatlichen Sagenwelt in Zukunft eine größere Rolle in eurem musikalischen Wirken spielen?
- Der zukünftige Fokus liegt ganz klar, jedoch nicht ausschließlich auf heimatbezogenen Texten. Wobei wir uns hier, was die Sprache angeht noch nicht eindeutig festlegen wollen. Die Sagenwelt wird hier genau so im Fokus stehen wie andere heimatbezogene Themen.
- Mittlerweile gibt es ja viele Bands, die lokales Sagengut in ihr Repertoire aufnehmen. Welche Motivation steckt dahinter? Ein aktiver Beitrag zur Heimatpflege oder geht es da eher um die Lust am Gruseln?
- Es ist eine Mischung aus Heimatpflege in Verbindung mit dem Kampf gegen das Vergessen alter Bräuche, Sagen und Geschichten wie es heute von vielen Menschen unbewusst durch reines Desinteresse praktiziert wird. In dieser globalisierten Welt kommt meist die Lokalisierung der Menschen zu kurz. Zudem ist es ja auch die fränkische Heimat, die uns als Bandmitglieder verbindet.
- Apropos heimatliche Einflüsse. Häkelmoo ist ein Stück, das sich auf eine Schreckensgestalt bezieht, die glaube ich zu wissen, eine rein fränkische Erscheinung ist. Wie schwierig ist es, einen Black-Metal Song in Mundart zu gestalten?
»Des kummt drauf oh wie mers macht«
balberskult
- Des kummt drauf oh wie mers macht.
Die Texte entsprechend singbar zu schreiben ist nichts was in einem Stück passiert. Hier kommt immer wieder der Moment in dem man mit seinem lyrischen Konstrukt nicht zufrieden ist und alles nochmal durchdenkt und überarbeitet. Aber generell ist es nicht schwerer als englische Texte zu verfassen. - Welchen Einfluss übt die, euch umgebende, fränkische Natur und Kulturlandschaft auf die Band und deren Mitglieder aus? Ist Balberskult ohne den Einfluss der fränkischen Kultur und doch eher ländlichen Lebensart in dieser Form überhaupt denkbar?
- Denkbar ist doch alles, nur bezweifeln wir, dass es dann noch das Selbe wäre. Aus diesem Grunde möchten wir auch nicht auf die fränkische Kultur verzichten, da sie ja nicht nur einen Teil der Musik, sondern auch die Persönlichkeiten der Bandmitglieder ausmacht.
- Der Designer Vilecrown, der sich unter anderem für beinahe alle Illustrationen unserer geplanten Print-Ausgabe verantwortlich zeichnet, hat für euch ein sehr einprägsames, bildhaftes Logo entworfen. Besonders sticht da der Schakalschädel hervor. Was hat es damit auf sich?
- Der Schakal symbolisiert in erster Line den Archetypus des »Tricksters« und nimmt in den Mythen beinahe aller indigenen Kulturen einen wichtigen Platz ein. Bei uns im westlichen Kulturkreis würde dem am ehesten der Fuchs entsprechen. Durch List und Kreativität gelingt es dem Trickster an sein Ziel zu kommen, wobei er Welten zusammenführen kann, spirituelle Führung bietet und ein mächtiges Element in schamanischen Riten darstellt. Eine gute Entsprechung finden wir in der nordischen Sagenwelt z.B. in der Gestalt des Loki. Hier erkennen wir aber auch das Chaotische und umwälzende Element, das diesem Charakter innewohnt. Für uns als Band passt diese Umschreibung ganz gut, denn auch wir zelebrieren auf der einen Seite ernsthaften Black-Metal, auf der anderen Seite loten wir dessen ironische Qualitäten aus, ohne respektlos sein zu wollen.
- Wohin entwickelt sich der Kult? Steht uns demnächst ein volles Album ins Haus?
- Das wird uns die Zeit zeigen. Vorerst planen wir in 2019 noch die Veröffentlichung einer zweiten Demo. Wir sind auch der Zusammenarbeit mit anderen Band hinsichtlich der Veröffentlichung einer Split nicht abgeneigt, bisher steht da aber noch nichts Konkretes fest. Auch werden wir zukünftig versuchen uns weiterhin in angemessenem Maße live auf Deutschlands und Europas Bühnen blicken zu lassen. Keep the cult alive!