
Seit sich Häxenzijrkell mit dem Song Lughnasadh 2016 erstmalig zum atmosphärischen Hexenflug über die deutsche Black-Metal-Szene erhoben, verbreitet das Duo aus Essen mittlerweile auch live eine eigenwillige, pechschwarze Stimmung. Höchste Zeit für ein Interview.
Seit dem ersten Demo Demo 1 sind nun knappe 3 Jahre ins Land gezogen, in denen der Zirkel nicht untätig geblieben ist und uns mit Des Lasters der Zauberey und dem aktuellen Album …von Glut und Wirbelrauch zwei pechschwarze Zauberbrühen angerührt hat.
Dabei sind vor allem die stilistischen Zutaten, aus denen Häxenzijrkell ihre Werke zusammenbrauen interessant und teuflisch erfrischend. Es ist mir daher eine große Freude, dass sich das Duo zu einem Plausch über ihr zersetzendes Wirken bereit erklärt hat.
Interview
- Grüße! Schön, dass ihr euch Zeit für ein Gespräch mit dem Eibenreiter nehmt, auch wenn wir gerade eben erst im Entstehen sind!
- Grüß dich. Erstmal Danke für euer Interesse und die Interview-Anfrage. Euer Grundkonzept klingt ja erst einmal interessant und unterstützenswert.
- Apropos Entstehung. Mich würde zunächst interessieren, wie es zur Gründung des »Zirkels« kam. Wie habt ihr zusammengefunden? Ich meine, um so einen Sound zu kreieren müssen sich doch Mitstreiter finden, die ähnlich gelagerte Interessen haben, ich denke da im Speziellen an ein Faible für das Witchploitation-Genre.
- Ohne zu sehr in persönliche Details gehen zu wollen: Häxenzijrkell ist ein Duo. Wir kennen uns seit einer halben Ewigkeit und machen auch — in unterschiedlichster Art und Weise — ebenso lange gemeinsam Musik. Es gab keinen besonderen Anlass zur Gründung, es passierte einfach. Was wir jetzt mit Häxenzijrkell machen, ist im Endeffekt die natürliche Schnittmenge unserer beider Interessen.
- Ich habe euer Album Des Lasters der Zauberey vergangenes Jahr für nonpop.de reviewt und tat mir leidlich schwer damit, euren Sound richtig in Worte zu fassen. Wie so viele andere Rezensenten auch, habe ich euch damals Drone-Einflüsse unterstellt. Wo verortet ihr euch musikalisch selbst?
- Ehrlich gesagt, haben wir uns darum bislang keine großen Gedanken gemacht. Vermutlich würden wir uns selbst einfach im Black Metal verorten. Ob das nun die pure Lehre ist oder wir eventuell Genre-Grenzen übertreten und vermischen, ist uns recht egal. Es geht uns in erster Linie um eine passende Atmosphäre. Ein Riff kann so gut sein wie es will — wenn die Atmosphäre nicht passt, nutzen wir es nicht.
Häxenzijrkell ist unsere eigene Reise ins Jenseitige, bei der die Atmosphäre natürlich eine elementare Rolle spielt. Sie hilft uns Türen zu öffnen und die Musik fließen zu lassen.
Häxenzijrkell
- Eibenreiter: Eine treffende Umschreibung, wie ich finde. Das bedeutet also im Kern, dass die pure Essenz von Häxenzijrkell im Heraufbeschwören einer durch und durch finsteren Grundstimmung besteht. Das bewerkstelligt ihr ja unter anderem durch das Einbinden von Zitaten aus alten Genrefilmen. Wie trefft ihr da die Auswahl?
- Kann man so sagen, ja. Häxenzijrkell ist unsere eigene Reise ins Jenseitige, bei der die Atmosphäre natürlich eine elementare Rolle spielt. Sie hilft uns Türen zu öffnen und die Musik fließen zu lassen. Mit der richtigen Stimmung können wir uns nahezu treiben lassen. Die Auswahl von passenden Zitaten ist nicht immer einfach. Im Falle von Des Lasters der Zauberey war es eine Art glückliche Fügung: »Kladivo na čarodějnice« drückte exakt die Stimmung aus, die wir vermitteln wollten. Ich wurde im Endeffekt von der Muse ermutigt, Passagen aus dem Film zu verwenden. Es kann aber auch schonmal bedeuten, eine bestimmte Thematik oder Aussage im Kopf zu haben und dann eben unzählige Filme auf der Suche nach treffenden Stellen zu durchforsten.
- Ihr benutzt ja überwiegend Samples aus den 70gern, wie steht ihr zum modernen Hexenfilm? Ich meine das Thema war ja nach der Hochphase nie ganz aus der Popkultur verschwunden. Könnt ihr euch den Zirkel auch mit Samples aus zeitgenössischen Filmen vorstellen und was war für euch persönlich der letzte richtig gute Film mit Hexenthematik?
- Sicher können uns auch Samples aus zeitgenössischen Filme vorstellen. Unser Live-Intro beispielsweise ist aus dem recht aktuellen Film The Witch entnommen. Generell sind mir persönlich »klassische« Horror/Hexenfilme oft lieber, da hier noch deutlich mehr Wert auf die Stimmung gelegt wurde. An aktuellen Filmen kann ich Hagazussa — Der Hexenfluch ans Herz legen. Ein wirklich extrem wirkungsvoller und stimmungsvoller Hexenfilm aus Österreich. Lohnt sich auf jeden Fall.
- Danke für den Tip, den kannte ich tatsächlich noch nicht! Bleiben wir doch noch kurz noch beim Thema Film. Wäre es für ein Projekt wie Häxenzijrkell nicht passend selbst ein Video zu einem Song zu produzieren? Wie würde euer visueller Trip ins Jenseitige aussehen?
- Ich kann nachvollziehen, dass der Gedanke naheliegend scheint. Aufwand und Nutzen eines ordentlich produzierten Videos stehen allerdings in keinerlei Verhältnis zueinander — mal gänzlich davon abgesehen, dass das Gros der Musikvideos aus dem Metal-Bereich eher übermäßig peinlich sind. Nein, bislang gibt es unsererseits keinerlei Pläne, Ideen oder ähnliches für ein — wie auch immer geartetes — Musikvideo. Das höchste der Gefühle wäre vielleicht unsere Live-Shows mit Videoeinspielern zu untermalen. Aber auch dafür gibt es bis dato keine wirklichen Überlegungen. article/die-ziegenreiterin-hexe-gottin-erdmutter/Ich kann nachvollziehen, dass der Gedanke naheliegend scheint. Aufwand und Nutzen eines ordentlich produzierten Videos stehen allerdings in keinerlei Verhältnis zueinander — mal gänzlich davon abgesehen, dass das Gros der Musikvideos aus dem Metal-Bereich eher übermäßig peinlich sind. Nein, bislang gibt es unsererseits keinerlei Pläne, Ideen oder ähnliches für ein — wie auch immer geartetes — Musikvideo. Das höchste der Gefühle wäre vielleicht unsere Live-Shows mit Videoeinspielern zu untermalen. Aber auch dafür gibt es bis dato keine wirklichen Überlegungen.
- Eure Coverillustrationen zeigen ja seit eurem Demo 1 stets nackte, weibliche und gerne auch obsönze alte Hexen. Und auch mit Karmazid als Designer seid ihr dieser gestalterischen Linie treu geblieben. Inwieweit ist das Konzept des »animalisch Weiblichen« ala Hexenhammer Bestandteil eures Konzeptes oder entstand das eher zufällig?
- Kann man die Frage beantworten, ohne dass man direkt gesteinigt wird? Nein, Spaß beiseite: Genau, die Illustrationen der Demo und der ersten EP sind Werke von Hans Baldung. Patrick/Karmazid hat dann schon für die Vinyl-Version von Des Lasters der Zauberey diese herrlich schäbige, runzelige Hexe auf Besen entworfen, die wir auch als Backdrop auf unseren Konzerten verwenden. Nun ja, zu einem gewissen Grad verbinden wir das »animalisch weibliche« grundsätzlich mit dem Konzept der Zauberei. Also nein, rein zufällig ist die Form der Darstellung nicht ausgewählt.

- Ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Menschen im 17. Jahrhundert ein ähnliches Bild von Hexen vor Augen gehabt haben müssen. In unserem schönen Frankenland sind, gerade im beschaulichen Zeil am Main, in nur wenigen Jahren Hunderte ums Leben gekommen. Unter Mitwirkung von Kirche, Bevölkerung und Gerichtsbarkeit wurde hier beinahe industriell gemordet. Seid ihr der Meinung, dass die Kirche bis heute zu wenig Verantwortung übernimmt? Bis heute stehen ja noch Orgeln und Gotteshäuser, die mit Blutgeld aus den Prozessen bezahlt wurden.
- Dass die Kirche (ich differenziere hier mal bewusst nicht zwischen katholisch und protestantisch) ein äußerst verkrustetes und überflüssiges Konstrukt ist, steht vermutlich außer Frage. Tatsächlich scheint aber hier eine gewisse Aufarbeitung oder Beschäftigung mit der Thematik statt gefunden zu haben (bspw. prangerte der aktuelle Papst vor geraumer Zeit Hexenverfolgungen an) — wem auch immer das letztendlich (noch) nutzen mag.
- Und jetzt noch die obligatorische Abschlussfrage nach euren Plänen für die Zukunft. Ihr startet ja gerade live momentan gut durch und spielt unter anderem in Abtenau auf. Stehen uns darüber hinaus auch neue Veröffentlichungen ins Haus?
- Richtig, wir spielen dieses Jahr noch einige Shows, unter anderem ja auch bei euch in der Gegend. Darüberhinaus arbeiten wir an neuem Material — in welcher Form auch immer dieses dann letztendlich erscheinen wird. Alles weitere wird sich zeigen.
- Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für ein Gespräch mit dem Eibenreiter genommen habt! Wir wünschen euch für die Zukunft weiterhin ein so gutes Händchen beim Auswählen von obskuren Filmzitaten und natürlich noch viele inspirierende Reisen in eure eigene jenseitige Welt!
- Wir haben zu danken. Euch noch viel Erfolg mit dem Eibenreiter!